Meine Doppellungentransplantation

 

Nach 2 Jahren und 3 Monaten auf der Warteliste für eine neue Lunge kam endlich ein passendes Organ!

 

Am 20.3.2012 um 4:01 Uhr bekam ich den erlösenden Anruf aus der Medizinischen Hochschule Hannover, das ein passendes Organ für mich da wäre. Als erstes wurde ich gefragt ob es mir gut geht? Nachdem ich das mit ja (aber ehrlich gesagt fühlte ich mich gerade noch zu gut für eine Transplantation) beantwortet habe, sagte mir  Frau Dr. Sommer, dass das schon in Ordnung so ist, denn umso fitter ich in die OP gehe umso besser komme ich anschließend auch aus der OP heraus. Nachdem das geklärt war, organisierte Fr. Dr. Sommer einen Krankentransport für mich, der mich dann um 6 Uhr von zu Hause abholt und nach Hannover fuhr.

 

Jetzt hatte ich noch zwei Stunden Zeit zum Tasche packen. Erst mal war mein ganzer Körper so was von am Zittern vor Aufregung. Mir gingen viele Dinge durch den Kopf, aber das Wichtigste im dem Moment war für mich, dass mein Hund zu meiner Mutter kommt. Also rief ich erst mal meine Schwester an, die auch prompt nicht ans Telefon ging. Nach drei mal Sturm klingeln auf Festnetz und Handy habe ich ihr dann sagen können, was los ist. Sie ist sofort gekommen und hat meinen Hund abgeholt und sie ist sogar noch ein bissel geblieben um sich noch von mir zu verabschieden und mir viel Glück zu wünschen. (Das ging natürlich nicht ohne Tränen.) In der Zeit, in der sie hier war, habe ich versucht meinen Tagesablauf so normal wie möglich zu halten, damit ich nicht noch nervöser werde. Also habe ich mir erst noch mal die Haare gewaschen und gestylt (als Frau brauch man das, um sich wohl zu fühlen). Meine Mutter habe ich dann auch aus dem Bett geklingelt und ihr gesagt, dass es "los" geht und Sandra ihr gleich Honey bringt. Von meiner Mutter habe ich mich dann nur telefonisch verabschieden können. Danach rief ich meinen Papa und meinen Bruder an. Anschließend noch eben meinen Schwiegereltern und meiner Schwägerin Bescheid gesagt und dann schellte es auch schon an der Tür. Der Krankentransport war da. Es ging also los! Koffer runter tragen, Sauerstoff mitnehmen und kurz tschüss sagen zu meinem Mann, denn der ist mit dem eigenen Auto hinterher gefahren gekommen.

 

Um 6 Uhr sind wir also auf nach Hannover mit Blaulicht und Sirene über die Autobahn. War ne sehr coole Fahrt (incl. verfahren) . Die beiden Johanniter Mitarbeiter waren sehr nett, mit dem einen habe ich mich gut unterhalten während der Fahrt.  Zum Glück wurde es ja schon hell draußen. So konnte ich wenigstens ein bisschen von der Fahrt noch mitbekommen. Unterwegs habe ich dann noch ein paar wichtige Leute angerufen und denen von der erfreulichen Nachricht erzählt. Alle freuten sich für mich mit und drückten mir ganz fest die Daumen.

 

Um 8:15 Uhr sind wir in der Notaufnahme in der MHH angekommen. Da wurde dann erst mal meine KK-Karte eingelesen und dann wurden wir hoch geschickt auf die 2 Etage zur Station 12 A. Oben angekommen, wurde ich auch schon erwartet von den Ärzten und Schwestern. Ich durfte mich dann in ein Bett legen und auf darauf warten das man mir Blut abnimmt. Dieses geschah dann auch sehr zügig, allerdings war es nicht so einfach, denn die wollten tatsächlich mal eben 22 Röhrchen Blut haben. Bei meine Venen ist das nicht ganz so einfach, wir mussten dann auch 5 x Stechen um sie voll zu bekommen. Danach durfte ich mich dann noch mal Duschen ( und dafür habe ich mir die Haare vorher noch gemacht *zwinker*) und mich Rasieren im Intimbereich, unter den Achseln und an den Beinen. Ich bekam noch ein OP Hemdchen an und dann war das große Warten im Bett auf dem Wohnklo (wie ich es so schön genannt habe) angesagt. Mein Mann war die ganze Zeit bei mir. Mit meinen anderen Leuten hatte ich ständig per SMS und Telefon kontakt.

 

Das Warten hat sehr lange gedauert. Dass ich wirklich noch dran komme wusste ich erst um 17 Uhr. Da sagte man mir dann das die OP um 21 Uhr anfängt. Also um 19:30 Uhr beginnen die OP Vorbereitungen. Da hatte ich dann ja noch ein bisschen Zeit zum entspannen! Mein Mann hat dann von mir noch ein Paar Fotos gemacht und ein letztes Video gedreht mit meiner CF-Lunge. Während des Wartens habe ich noch ein Tropf bekommen, da ich ja seit dem 19.3.12 ca 22:00 Uhr nix mehr gegessen und getrunken hatte. Und da mein Zucker so langsam auch runter ging, mussten sie mir ein bisschen NaCl dran hängen. Um 19 Uhr kam dann plötzlich einer rein und sagte, es geht jetzt los! Ich sagte nur " Ich muss noch mal eben auf´s Klo Pinkeln!" Er meinte dazu wäre jetzt keine Zeit mehr, das war mir egal, die zwei Minuten können die auch noch warten. Also schnell gepinkelt und ab ins Bett und auf ging es nach oben in die 3 Etage in den OP-Bereich. Kurz vor dem OP-Bereich mussten mein  Mann und ich uns dann verabschieden. Das ging leider sehr schnell und auch ohne Kuss und so. Quasi so " ja dann Tschüss bis morgen, Schatz!" Das wars und schon war ich hinter der Tür verschwunden. Im Vorbereitungsraum angekommen, wurden wir erst mal blöd angeschaut,  so nach dem Motto, was wollt ihr den schon hier? Es war doch 19:30 Uhr abgemacht. Also musste ich tatsächlich wieder runter gefahren werden für ne halbe Stunde und durfte dann diese halbe Stunde dann alleine auf dem Wohnklo verbringen! Erst fand ich es echt blöd aber dann hab ich einfach die Augen zugemacht und bin eingeschlafen. Um 19:40 Uhr kamen sie dann erneut und holten mich ab. Jetzt ging es aber wirklich los.

 

Im Vorbereitungsraum musste ich dann erst mal aus meinem gemütlichen warmen Bett auf die olle Pritsche wechseln, die kalt war. Ich bekam aber direkt erst mal ne Decke drüber gelegt. Dann wurde das EKG angeschlossen und mir wurde ein Zentraler Arterien Katheter gelegt im rechten Handgelenk. Das war das Einzige, was unangenehm war. Dann durfte ich mir noch eine schönen Traum aussuchen und schon war ich weg........... in Narkose!

 

Um 21:16 Uhr wurde bei mir der erste Schnitt gemacht. Um 23:59 Uhr war meine neue Lunge drin. Um 2:41 wurde die letzte Naht genäht. Am Mittwoch 21.3.12 um 16 Uhr habe ich auf der Intensivstation 74 das erste mal die Augen wieder geöffnet. Zu der Zeit hatte ich den Tubus noch drin. Den hat man mir dann um 17 Uhr gezogen. Und dann kam das, auf das ich die ganze Zeit gewartet habe, der Augenblick in dem ich den "Ersten Luftzug mit meiner neuen Lunge mache!". Ich habe also einfach tief Luft geholt und zwar so richtig tief Luft geholt. So als hätte ich nie was anderes getan im Leben als Luft zu holen. Es war unbeschreiblich dieser erste Atemzug! Ich merke direkt wie viel Luft ich plötzlich in mich reinsaugen konnte, das hörte quasi gar nicht auf. Da ging immer noch mehr Luft rein. Und dann dann lies ich die ganze Luft wieder raus.... und ich konnte plötzlich auch ganz lange wieder ausatmen... unglaublich, unbeschreiblich, mega Hammer, geiles neues Lebensgefühl!!! Alleine für diesen einen Augenblick hat sich der ganze Aufwand schon gelohnt. Ich kann an dieser Stelle nur einen herzlichen Dank an meine Spenderin ausrichten. Sie hat mir ein neues Leben geschenkt! Und irgendwie lebt sie ja auch ein Stück in mir mit mir weiter! Organspende sei Dank!!

 

Um 19:30 Uhr habe ich bei der Krankenschwester nach einem Telefon gefragt, ich musste doch unbedingt meinen Mann rufen und ihm sagen, dass es mir gut geht. Das habe ich dann auch getan und weil ich noch die Nr. von meiner Mutter im Kopf hatte, rief ich sie auch gleich noch an. Somit konnten die beiden wenigstens allen anderen Bescheid geben, dass ich die OP gut überstanden hatte.

 

Am Donnerstag 22.3.12 bekam ich dann meine erste Bronchoskopie. Ich freute mich riesig darauf, endlich meine neue Lunge von innen sehen zu können. Mir wurde der Hals betäubt und schon ging es los mit dem Schlauch schlucken und Schwupps schon konnten wir uns alle das schöne Ergebnis ansehen. Die Lunge sah sehr schön aus. Nachdem das dann erledigt war, wurde ich auch schon verlegt auf die Station 12 B Zwischenintensiv. Es war also 11:30 Uhr als ich runter kam und mein neues Einzelzimmer bezog. Vor der Station hatte mein Mann auch schon auf mich gewartet. Der durfte dann um 12 Uhr auch endlich zu mir. Es war schön, ihn wieder zu sehen. Ich denke, er war auch sichtlich erleichtert, mich zu sehen und vor allem das ich schon wieder relativ Fit war. Später am Nachmittag durfte ich mich dann auch schon auf die Bettkante setzen. Boah, das tat vielleicht gut, den mir taten der Rücken und der Po schon weh vom liegen. Also bin ich dann mit Hilfe und meiner eigenen Kraft die ich noch hatte, ab auf die Bettkante gehuscht. War etwas schmerzhaft, wegen der ganzen Drainagen, aber ansonsten war es auszuhalten. Ich glaube, ich habe mich eh nicht wirklich viel beschwert wegen der Scherzen, ich wusste ja wofür ich das alles gemacht habe und mir war auch klar, dass das alles irgendwann wieder vorbei ist. Also Augen zu und durch, ansonsten gab es auch genug Schmerzmittel. Was ich total toll fand war die Tatsache, dass man mir Wassereis gegeben hat, damit ich dem trockenen Mund entgegen wirken konnte. Das war in der Tat ein bisschen nervig, ständig dieser trockene Mund und dann durfte ich am Anfang auch nicht so trinken, wie ich wollte, weil meine Nieren nicht immer so wollten wie sie sollten. Also musste ich teilweise mit 1l Wasser über Tag aus kommen. An anderen Tagen musste ich dann 3 l trinken, was auch nicht einfach war, den dass Schlucken im Liegen war mit sehr viel Konzentration verbunden, damit ich mich nicht verschlucke. Den Husten ging mal so gar nicht. Husten musste ich in der Tat erst mal wieder lernen. Und da alles ja noch Weh tat und spannte, war es nicht so angenehm zu Husten. Ab jetzt musste ich dann auch täglich meine Lunge trainieren, indem ich immer einen TRIFLO ( ein Gerät wo man tief Luft holt und Bälle dabei hoch ziehen muss) geübt habe. Das musste ich jede Stunde machen. Und dann noch durch das Kornett pusten. Sieht aus wie ne Banane mit einem beweglichen Gummi drin. Soll auch die Lunge trainieren.

 

Am Freitag den 23.3.12 bin ich dann das erste mal über die Station gelaufen. Raus aus dem Bett, Das OP Hemdchen hinten zugeklebt, damit auch keiner mein Arsch sehen kann und los geht es. Ich hätte zwar lieber vorher gerne noch meine Haare gewaschen, aber da musste ich dann jetzt wohl so durch. Also ging es mit fettigen Haaren und Sturmfrisur ab durch den Flur und erst mal schauen, was die anderen so machen. Im Nebenzimmer lag zufällig eine Freundin von mir aus Münster, der musste ich dann erst mal  Hallo sagen. Sie war sichtlich begeistert, dass ich schon am rumlaufen war. Ab dem Tag an ging es dann auch nur noch steil Berg auf. Ich habe diese Tage alle per Video festgehalten.  Am Mittwoch dem, 28.3.12, wurde ich dann ihn ein neues Zimmer verlegt und auf die normale Station. Von da an war ich dann auch nur noch unterwegs. Ich hatte noch eine Drainage drin mit einem Kasten dran, der die Flüssigkeit jetzt selbst rauszog. An diesem Mittwoch bin ich dann auch das erste mal mit meiner neuen Lunge an die Frische Luft gegangen.

 

Ich wollte euch mal eben noch erzählen, dass ich an einer Studie Teilnehme und somit eine Versuchspatientin bin was das Organ angeht.  Denn mein Organ wurde nicht kalt geliefert, sondern Warm. Ich bin die erste CF-Patientin die mit dieser Methode transplantiert wurde. Das ganze nennt sich Organ Care System (OCS). Kurz gesagt, meine Organ wurde in einem Kasten warm gehalten bei 35 -37 Grad, hat geatmet mit einer Sättigung von 96% und wurde an einen Blutkreislauf angeschlossen. Und es wurde sogar schon mit meinen Leukozyten während des Transports von mir versorgt, Somit konnte sich die Lunge während der Fahrt zu mir auf mich einstellen. Ich musste dafür auch nicht an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden. Das Organ wurde nur kurz schlafen gelegt, um den Übergang aus dem Kasten zu mir zu schaffen, und da war sie auch schon voll am Arbeiten. Was sich dann bei der ersten Lufo die ich hatte auch prompt gezeigt hat. Mein erster FEV1 Wert lag bei 64 % also 1,8 l. Vor der TX hatte ich nur noch einen FEV1 von 20 % und weniger. Heute drei Monate nach der TX habe ich einen FEV1 von 99% also 2,80l und eine Sättigung von 100 % . Und ich habe sogar zu Hause auf meinen AMI (Asthmamonitor) 3,00l gepustet. Also ich bin in überglücklich das alles so GUT gelaufen ist.

 

Aber jetzt zurück zum Klinikaufenthalt. Ich lag also vom 20.3.12 bis zum 13.4.12 in der MHH. Nach dem ich dann ja nur noch unterwegs war, habe ich dann selber schon mal angefangen mit trainieren. Also bin ich nicht mehr Aufzug gefahren sonder bin die Treppen gelaufen und habe mich täglich noch auf das Ergometer gesetzt. Denn von nix kommt ja bekanntlich auch nix. Heute bin ich froh das ich wirklich noch so fit in die OP gegangen bin, denn sonst würde es mir bestimmt auch anderes gehen. Ich habe in der Zeit viel erlebt. Und ich muss sagen, ich bin verdammt gut dabei weggekommen. Toi Toi Toi....

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© by Claudia Krogul